Mit seinem ersten rein elektrischen Modell hatte es Toyota nicht sonderlich eilig. Erst vor drei Jahren brachten die Japaner mit dem Mittelklasse-SUV bZ4X einen Stromer auf den Markt. Umso überraschender, dass bereits jetzt eine Modellpflege folgt. Und die hat es in sich: Der neue bZ4X wurde technisch grundlegend überarbeitet, obwohl es rein äußerlich nicht den Anschein macht.
Bei Antrieb, Batterie, Aerodynamik und Fahrwerk haben die Entwickler ordentlich Hand angelegt. Mit dem Ziel, die Effizienz zu erhöhen und die Fahrdynamik zu präzisieren. Wir haben uns einen ersten Eindruck mit einem noch nicht homologierten Vorserien-Fahrzeug verschafft.
Toyota bZ4X: Vorderrad oder Allrad
Als Antriebsoptionen können sich Kunden zwischen einer Version mit Vorderradantrieb und einem Allradler entscheiden. Den Einstieg macht eine 123 kW/167 PS starke E-Maschine an der Vorderachse, die 269 Newtonmeter Drehmoment mobilisiert. Eine Lithium-Ionen-Batterie mit einer Bruttokapazität von 57,7 Kilowattstunden soll zu einer noch nicht bestätigten WLTP-Reichweite von 442 Kilometern verhelfen.
Während der Sprint aus dem Stand auf Tempo 100 in 8,6 Sekunden recht zügig gelingt, reißen 140 km/h Höchstgeschwindigkeit nicht gerade vom Hocker. Die größere Batterievariante mit 73 Kilowattstunden brutto ermöglicht immerhin 160 km/h Spitze und 7,4 Sekunden für den Sprint auf 100 km/h. Die vorläufige Reichweite beträgt damit 569 Kilometer.
Toyota bZ4X im Test: 160 km/h das Höchste der Gefühle
Mit einem weiteren E-Motor an der Hinterachse schöpft die Allrad-Variante ihr Potenzial aus der gleichen 73,1-Kilowattstunden- Batterie – die Systemleistung steigt jedoch auf 252 kW/343 PS. Damit gelingt der Standard-Sprint auf Landstraßentempo in 5,1 Sekunden, während auch hier 160 km/h Spitze das Höchste der Gefühle markiert. Toyota setzt erstmals auf Siliziumkarbid-Halbleiter im Inverter, um die Wandlungsverluste zwischen Batterie und Antrieb zu reduzieren. Zusätzlich kommt ein spezielles Polierverfahren an den Getriebezähnen zum Einsatz, das die Reibung verringert.
Auch die angepassten Kühl- und Schmierkreisläufe erhöhen die Effizienz des Gesamtsystems. Mit der von uns gefahrenen 224-PS-Frontantriebsversion lag der Realverbrauch bei zügiger Fahrweise mit Landstraßen- und Autobahnanteil bei nur rund 16 Kilowattstunden pro 100 Kilometer. Einen offiziellen Wert nach WLTP-Zyklus nennt Toyota noch nicht.
Einen respektablen Anteil an diesem günstigen Praxiswert dürfte das Thermomanagement der Batterie haben. Ein Wasserkühlsystem nutzt Kältemittel aus der Klimaanlage, um die Zellen von der Unterseite gleichmäßig zu kühlen. Bei niedrigen Außentemperaturen wärmt eine integrierte Batterieheizung mit einem Wasser-Wasser-Wärmetauscher die Zellen gleichmäßig vor, sodass deren Leistung auch im Winter stabil bleibt.
Auf dieses System greift auch die Batterie-Vorkonditionierung zurück. Vor einem Schnellladevorgang bringt ein cleveres Management die Batterie auf die optimale Temperatur, was insbesondere in kalten Regionen zu kürzeren Ladezeiten führt. Die Gleichstrom(DC)-Schnellladezeit von 10 auf 80 Prozent des Ladezustands mit 150 Kilowatt liegt bei 28 Minuten. Zusätzlich steht ein integriertes 22-Kilowatt-Ladegerät für Wechselstrom zur Verfügung.
Toyota untermauert das Vertrauen in seine Batterie-Technik zudem mit einer Garantie, die eine Restkapazität von mindestens 70 Prozent für zehn Jahre oder einer Million Kilometer sichert. Voraussetzung dafür ist ein jährlicher Check des Fahrzeugs.
Toyota bZ4X: Sitzposition gewöhnungsbedürftig
Im Innenraum des neuen bZ4X bleibt die Sitzposition des Fahrers zunächst gewöhnungsbedürftig. Das Lenkrad schwebt nur knapp über den Oberschenkeln – und erinnert an Kindertage auf dem Bobby-Car. Erfreulich ist das Platzangebot. Auch Erwachsene auf der Rücksitzbank brauchen keine Sorgen um ihre Knie zu haben. Die üppige Beinfreiheit ist Business-Klasse. Ebenso wie der subjektiv gute Geräuschkomfort. Das Fahrwerk geht hingegen recht straff zur Sache. Kombiniert mit der direkten Lenkung lässt sich der bZ4X damit aber präzise und dynamisch fahren.
Die Intensität des regenerativen Bremsens lässt sich über Schaltpaddel am Lenkrad manuell in verschiedenen Stufen einstellen. Ein echtes „One-Paddel-Drive“, also ein Fahren ohne Betätigen des Bremspedals, bleibt in der Praxis dennoch so gut wie unmöglich. Das integrierte Navigationssystem berücksichtigt den aktuellen Batteriestand bei der Routenplanung und weist gegebenenfalls auf geeignete Lademöglichkeiten hin. Bei der Testfahrt hinkte die Position des Fahrzeug-Pfeils in der Kartendarstellung jedoch hinterher, was vor allem in Kreisverkehren irritierte. Zum Verkaufsstart dürfte diese Verzögerung aber behoben sein.
Toyota bZ4X: "Hammerhead"-Front
Die markante Front, von Toyota umgangssprachlich als „Hammerhead“ bezeichnet, hat ein schmales, durchgehendes Lichtband erhalten, das die Scheinwerfer verbindet. Das neue Raddesign in 18- und 20-Zoll-Größen ist aerodynamisch optimiert und trägt ebenfalls zur Effizienz bei. Den Unterboden glätten großflächigere Abdeckungen, und auch die Geometrie der Abrisskante am Heck wurde angepasst, indem sie um 5 Millimeter angehoben wurde.
Diese Maßnahmen wirken sich insgesamt positiv auf den Luftwiderstand aus. Was der überarbeitete bZ4X kosten wird, ist noch nicht bekannt. Die Basisversion der ersten Generation ist in Deutschland ab 42.900 Euro zu haben. Den Aufwand, den Toyota beim Neuen getrieben hat, dürfte sicher zu höheren Preisen führen.