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Wiederaufbereitete Elektromotoren: "Schwächen im Design"

19.05.2025 08:22 Uhr | Lesezeit: 3 min
SEG Automotive Michael Schedler
Michael Schedler im Interview. 
© Foto: SEG Automotive

SEG Automotive hat als erster Hersteller wiederaufbereitete Elektromotoren für das Tesla Model S und den Renault Zoe im Programm. Wir haben mit dem Reman-Verantwortlichen Michael Schedler darüber gesprochen, warum es dafür Bedarf gibt.

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asp: Herr Schedler, SEG Automotive bietet wiederaufbereitete Elektromotoren für E-Autos an. Was geht an diesen Motoren kaputt?

M. Schedler: Man könnte meinen, dass Elektromotoren durch das Design und die einfachere Bauweise zuverlässiger als Verbrenner sind. Die Technologie ist aber noch relativ jung. Auch in E-Motoren gibt es bewegliche Teile in Form von Lagern, die für die besonders hohen Drehzahlen des E-Motors ausgelegt sein müssen. Und gerade diese Lager können versagen.

asp: Was sind die Ursachen für das Versagen der Lager?

M. Schedler: Meines Erachtens handelt sich dabei um eine Schwäche im Design dieser frühen E-Motoren aufgrund fehlender Praxiserfahrung. Es ist kein Zufall, dass wir uns das Tesla Model S als erstes Fahrzeug ausgesucht haben, für das wir einen wiederaufbereiteten E-Motor anbieten. Denn die Fahrzeuge hatten bis in die Modelljahre 2016/2017 eine solche Designschwäche des E-Motors, die mittlerweile behoben wurde. Da aber noch viele Fahrzeuge dieses Typs auf der Straße sind und sich außerhalb der Garantie befinden, war das ein Ansporn für eine Reparaturlösung.

asp: Was für eine Designschwäche hatten die Tesla-Motoren?

M. Schedler: Die Tesla-Motoren fallen aufgrund eines Wassereintritts aus. Der Rotor im Elektromotor des Model S wurde in den ersten Modellvarianten mit Wasser gekühlt. Der Kühlkanal, der in den Rotor führt, muss nach außen hin abgedichtet werden. Der Simmerring zur Abdichtung lässt irgendwann nach und wird undicht - je nach Fahrprofil. Der stetige Wassereintrag am Lager sorgt dann für Schäden. Dieser Lagerschaden macht sich in der Folge akustisch bemerkbar. Wird das schadhafte Lager nicht ausgetauscht, kann dies zu einem Motorschaden führen. In unserem Remanufacturing-Prozess werden alle Lager des E-Motors ausgetauscht. Damit der Fehler nicht wiederholt auftritt, deaktivieren wir - wie Tesla bei neueren Model-S-Varianten selbst auch - zudem die Kühlung des Rotors. Dieser kommt ohne Kühlung aus. Wenn nur der Lagersatz ausgetauscht wird, müsste der Kunde damit rechnen, dass er nach einer gewissen Laufleistung wiederholt ausfällt.

asp: Wann tritt so ein Lagerschaden beim Tesla Model S im Regelfall auf?

M. Schedler: Der Lagerschaden kann schon bei deutlich unter 100.000 Kilometern auftreten, aber auch erst später. Das hängt sehr stark vom Fahrprofil ab. Die Drehzahl scheint dabei einen großen Einfluss zu haben: Wer viel mit hoher Geschwindigkeit auf der Autobahn unterwegs ist, wird von dem Problem eher betroffen sein.

asp: Sie haben auch einen wiederaufbereiteten E-Motor für den Renault Zoe vorgestellt. Treten hier auch Lagerschäden auf?

M. Schedler: Für den Renault Zoe bieten wir im Gegensatz zu Tesla keine komplette Drive Unit, sondern nur den wiederaufbereiteten E-Motor an. Beim Zoe verbleiben Inverter und Differenzial im Auto und können separat repariert werden. Auch bei diesem ebenfalls sehr frühen E-Motor, lassen sich auftretende Probleme mit unserer Redrive-Austauschlösung beheben.

asp: Haben Sie weitere Fahrzeuge in Planung, für die sie eine Remanufacturing-Lösung anbieten wollen?

M. Schedler: Wir machen immer eine Marktanalyse und eruieren, wo sich die Entwicklung einer Remanufacturing-Lösung lohnt. Voraussichtlich im dritten Quartal 2025 wird der nächste Motor kommen. Es kann sein, dass es von einem Fahrzeugmodell sehr hohe Stückzahlen gibt, die aber nicht oft durch Motorprobleme auffallen. Wiederum andere Fahrzeuge, die in geringerer Stückzahl produziert wurden, machen durch Ausfälle auf sich aufmerksam. Der Bedarf für die Reparaturlösung muss vorhanden sein. Das Tesla Model 3 wäre aufgrund der hohen Stückzahlen interessant, den Bedarf können wir aber noch nicht abschätzen, da sich die Fahrzeuge noch in der Garantie befinden. Auch der Hyundai Ioniq sowie der Nissan Leaf und die Mercedes-Benz-B-Klasse wären heiße Kandidaten.

asp: SEG bietet den kompletten Motor zum Austausch am. Warum keine Reparatursets?

M. Schedler: Wir haben festgestellt, dass viele Werkstattkunden nicht Lagerreparatursätze kaufen und den Motor zerlegen wollen, sondern bereits einen komplett wiederaufbereiteten Motor einbauen möchten. Denn das Auseinanderbauen von Rotor und Stator des Elektromotors ist nicht so einfach, wenn sich der Betrieb dafür kein Werkzeug gebaut hat. Man kann das zwar machen, es ist aber immer eine Frage des Aufwands. Und so haben wir entschieden, Elektromotoren selbst aufzubereiten. Wir kooperieren mit dem spanischen Unternehmen Fersa, das Kugel- und Wälzlager herstellt und schon vor mehreren Jahren Lagersätze für Elektromotoren auf den Markt gebracht hat. Mit diesen war es dann sehr einfach, schnell eine Lösung für den Markt bereitstellen.

asp: Zeigen Werkstätten bereits Interesse an den wiederaufbereiteten Elektromotoren?

M. Schedler: Deutschland zählt hier nicht zu den Vorreitern, da auch die Anzahl der E-Fahrzeuge im Markt niedriger ist als in anderen Ländern. Für die Reparatur von Elektroautos benötigen Werkstätten im Regelfall einen extra Arbeitsplatz und müssen gewisse Brandschutzbestimmungen einhalten. Viele kleinere Werkstätten können das im Regelfall nicht leisten, gerade wenn das mit einer hohen Investition verbunden ist. Und wenn nur wenige E-Fahrzeuge in die Werkstatt kommen, lohnt sich das nicht. Es gibt aber ein paar Spezialisten, die genau diese Nische bedienen. Ein Beispiel wäre Nik's Garage in Nürnberg. Mit der Werkstatt haben wir den Tausch eines wiederaufbereiteten Tesla-Motors das erste Mal durchgeführt.


"Die Ersparnis liegt im Vergleich zu einem neuen Motor von Tesla bei 30 Prozent."

Michael Schedler, SEG Automotive


asp: Wie lange dauert der Tausch eines Elektromotors?

M. Schedler: Der Elektromotor für den Tesla lässt sich an einem Vormittag ein- und ausbauen, wenn er bereits von der Werkstatt vorgehalten wird. Wenn das Auto um 8 Uhr in die Werkstatt kommt, ist es um 12 Uhr fertig. Dafür muss jedoch die Hinterachse komplett ausgebaut werden, da der Motor über der Hinterachse sitzt. Nach dem Austausch ist dann auch eine Achsvermessung notwendig. Das ist schon ein relativ großer Aufwand.

asp: Welche Fähigkeiten muss die Werkstatt für den Einbau mitbringen?

M. Schedler: Bei Tesla-Fahrzeugen ist eine gewisse Erfahrung notwendig, sonst wird es schwierig. Es gibt zwar eine Anleitung zum Motor-Tausch, die wird aber wahrscheinlich nicht ausreichen. Es müssen auch Kenntnisse zur Achseinstellung vorhanden sein, ebenso über die Diagnosemöglichkeit Toolbox, um mit dem Tesla zu kommunizieren. Teslas benötigen nach dem Einbau ein Software-Update. Wir bieten unter Redrive ausschließlich das Ersatzteil an, während die mechatronische Kompetenz bei der Werkstatt liegt.

asp: Wo können interessierte Werkstätten wiederaufbereitete Motoren kaufen?

M. Schedler: Unsere Motoren werden über den Großhandel angeboten. Es gibt ein klassisches Pfandmodell mit einem Pfandwert, der beim Kauf des Motors bezahlt werden muss und wieder gutgeschrieben wird, wenn die Werkstatt den alten Motor wieder bereitstellt.

asp: Welche Ersparnis ist im Vergleich zum Neukauf eines E-Motors möglich?

M. Schedler: Die Ersparnis liegt im Vergleich zu einem neuen Motor von Tesla bei 30 Prozent. Endkunden sparen aber noch mehr, da die Arbeitsstunden in der freien Werkstatt in der Regel niedriger als beim Originalhersteller sind.


SEG Automotive setzt auf Wiederaufbereitung

Michael Schedler ist bei SEG Automotive für Remanufacturing verantwortlich. Vor seiner Tätigkeit bei SEG arbeitete er unter anderem bei General Motors, Hyundai Mobis und Bosch im Bereich Remanufacturing. SEG Automotive hat als erster Hersteller einen wiederaufbereiteten Elek-tromotor auf den Markt gebracht. Auf der Automechanika 2024 wurde unter dem Label "Redrive" zunächst ein wiederaufbereiteter E-Motor für das Tesla Model S vorgestellt, auf der Rematec 2025 ein weiterer Motor für den Renault Zoe.



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