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70 Jahre BMW Isetta: Von der Kugel geküsst

25.05.2025 09:11 Uhr | Lesezeit: 4 min
Kleiner Wagen fürs große Glück – Die billige Isetta ermöglichte Motorradfahrern ab 1955 den Umstieg aufs Auto und sicherte BMW die Existenz.
© Foto: BMW AG

Diesen herzberührenden Charme besitzen nur die kleinsten, in knuddelige Formen verpackten Volksautos aus bella Italia. Nein, es geht einmal nicht um den Fiat 500. Auch die BMW Isetta verfügt über italienische Gene.

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Im BMW-Museum in München ist sie der Publikumsliebling, und in der BMW-Welt gleich nebenan begeistert die 70 Jahre alte Seniorin die Neuwagen-Interessenten. Die 2,28 Meter kurze, meist farbenfroh lackierte BMW Isetta lässt keinen Betrachter unberührt. Kein Wunder, wenn heute das Start-up Micro sein Modell Microlino als moderne Interpretation des ikonischen BMW-Kabinenrollers verkauft. Die Isetta in kugeliger Form aus den Golden Fifties fängt bis heute Herzen, ähnlich wie es dem Fiat 500 Nuova oder den Vespa-Motorrollern gelingt. 

Mit diesen ikonischen Minimalmotorisierungen teilt sich die BMW Isetta ihre Abstammung. Wurde doch auch diese eiförmige Knutschkugel mit Einzylinder-Motorradantrieb, einer Sitzbank und mit nur einer nach vorne öffnenden Fronttür – Modell Kühlschrank – ursprünglich in bella Italia entwickelt. Der Kühlschrankfabrikant Renzo Rivolta hatte dort sein Dreirad Isetta zum Erfolgsmodell unter den Rollermobilen gemacht, als BMW auf den Winzling aufmerksam wurde. Ein Dach überm Kopf, das war der Traum fast aller Zweiradfahrer im ersten Nachkriegsjahrzehnt.

BMW in der Krise: Wie die Isetta das Unternehmen rettete

BMW hatte gerade mit glamourösen V8-Luxusmodellen und Erfolgen im Motorradsport die Rückkehr in den Kreis der Premiummarken gefeiert, als der Motorradboom abrupt endete. Wurden Anfang der 1950er noch 30.000 BMW-Motorräder pro Jahr verkauft, waren es 1957 nur 5.400 Einheiten. Hinzu kam, dass die V8-Pkw keine Gewinne einfuhren. Was tun? Die Bayern erwarben bei Rivolta eine Isetta-Lizenz und spendierten dem Motocoupé Modifikationen, mit denen der Winzling zum Bestseller avancierte. So sicherte die Isetta BMW vorerst das finanzielle Überleben.

1954 war das Jahr, in dem das bundesdeutsche Wirtschaftswunder einen neuen Sound bekam: Das Transistorradio sollte die Musikwelt nachhaltig verändern. Ebenso Elvis Presley, der in Amerika seinen ersten Song „That’s all right Mama“ einspielte. Nicht ahnend, dass er wenige Jahre später zum wichtigen Markenbotschafter für BMW avancieren würde, als er einen über 200 km/h schnellen V8-Roadster vom Typ 507 erwarb, aber auch die nur rund 85 km/h flotte Isetta fuhr. 


70 Jahre BMW Isetta

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Der bayerische V8 fauchte das erste Mal auf dem Genfer Salon 1954, dies unter der Motorhaube des barock geformten BMW 502. Mit diesem weltweit ersten Leichtmetall-Achtzylinder ernteten die Münchner Respekt in der Prestigeklasse, aber die Kassen klingelten nicht. Im Gegenteil: Die gesamte V8-Palette war wegen der aufwendigen Produktionsabläufe ein Zuschussgeschäft. Als dann auch noch der einträgliche Motorradabsatz einbrach, läuteten die Alarmglocken.

Trotz leerer Kassen musste eine neue Geldquelle erschlossen werden, ein Kleinstauto, wie es die bisherige BMW-Motorradklientel suchte. Ausgerechnet auf der damals weltweit wichtigsten Designmesse, dem Turiner Autosalon, wurde eine BMW-Delegation fündig: Neben sportlichen Designjuwelen wie der neuen Alfa Giulietta Sprint ertönte dort das Räng-Täng-Täng-Zweitakt-Geknatter des schicken Kabinenrollers Iso Isetta.

BMW Isetta: Vom Lizenzbau zum eigenständigen Kleinwagenkonzept

Tatsächlich hatte Iso keinen Schrumpf-Kleinwagen auf die Räder gestellt, wie ihn damals etwa die deutschen Entwürfe Fend Flitzer oder Brütsch Mopetta verkörperten. Vielmehr war die Isetta eine neue Art Automobil, dessen Alltagstauglichkeit und hübsche Formen weltweit Fans fanden. So erwarben nicht nur Velam (Frankreich), Isetta of Great Britain oder mehrere südamerikanische Firmen Lizenzen für Nachbauten, sondern auch BMW. Die weißblaue Marke erhielt außerdem das Recht zum Isetta-Export auf andere Märkte wie Österreich, in die Schweiz und nach Skandinavien.

Zuvor aber mussten die Münchner Ingenieure den Motor und das Fahrwerk des 350 Kilogramm leichten Fliegengewichts optimieren. Gegenüber dem italienischen Zweitakt-Original baute BMW einen aus der Motorradfertigung bekannten 250-Kubik-Einzylinder-Viertakter ein, der 9 kW/12 PS leistete und das eiförmig gezeichnete Fahrzeug auf 85 km/h Höchstgeschwindigkeit brachte. Ab 1957 ergänzte die 10 kW/13 PS abgebende, aber nicht agilere Isetta 300 das Angebot.

Auf vier Rädern und gut bedacht

Diese Vmax machte die Isetta Autobahn-tauglich und genügte sogar für die Urlaubsfahrt ins ferne Italien, dem Land damaliger Sehnsüchte. Auf vier Rädern und gut bedacht – die eintürige Isetta verfügte über ein Faltverdeck, das zugleich als behördlich vorgeschriebener Notausstieg diente – dorthin reisen, wovon René Carols Schlager "Sonne über der Adria" oder Peter Alexanders Chartstürmer "Es war in Napoli" erzählten, das war mit der nur 2.550 Mark teuren Isetta – fast ein Drittel weniger als ein VW Käfer kostete – auch für manche junge Familie finanzierbar.

Dem durchschnittlichen deutschen Arbeitnehmer genügte ein halbes Jahresgehalt, um sich diesen Traum vom eigenen Auto zu erfüllen, dem der Brennerpass ins Dolce-Vita-Land nicht zu steil war und das laut BMW-Werbung "weniger Steuer" koste als "ein Großstadt-Dackel". Zugleich traf die wendige Isetta die Frauen ins Herz, vor allem wenn der gut situierte, "twas eigene Herr Gemahl" – wie es das BMW-Marketing nannte – einen V8-BMW chauffierte. Der Trend zum Zweitwagen war gesetzt.

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Zuvor musste sich BMW allerdings gerichtlich gegen die rheinischen Hoffmann-Werke durchsetzen, die keine Lizenz von Iso erhalten hatten und trotzdem die „Hoffmann Auto Kabine“ auflegten. Eine Isetta-Kopie, die sich nur durch eine seitliche Tür vom Vorbild differenzierte. Dann aber startete der kleinste BMW-Pkw aller Zeiten durch zum ganz großen Erfolg. Daran hinderten das Motocoupé auch keine Spottnamen wie Schlaglochsuchgerät, Asphaltblase oder Adventsauto in Anspielung auf die aufschwingende Fronttür. Im Gegenteil, das automobile Unikum erlangte nach und nach Kultstatus – sogar im Land der Straßenkreuzer. Hollywoodstars wie Cary Grant zeigten Coolness, wenn sie medienwirksam aus der Fronttüröffnung der Isetta stiegen, Lenkrad und Lenksäule schwenkten dabei zur Seite.


Sogar eine Isetta-Variante mit Rechtslenkung gab es – und eine Serie von 1.500 Isetta mit nur drei Rädern, um Steuervorteile auf manchen Märkten zu nutzen. Im Jahr 1957 belebte die optisch modifizierte und technisch aufgewertete Isetta Export das Geschäft und konterte neue Kleinwagen wie das Goggomobil von Glas. "Geh mit der Zeit – fahr BMW", tönte die Werbung und mehr als 161.000 Isetta-Käufer folgten bis 1962 dieser Aufforderung. Damit überlebte das meistverkaufte Einzylinder-Auto aller Zeiten fast alle direkten Rivalen, und die Knutschkugel brachte BMW genug Geld ein, um 1957 den viersitzigen Zweizylinder-Typ 600 zu entwickeln.

Nun ging es voran in München: Zuerst sorgte 1959 der Typ 700 als neuer BMW-Kleinwagen in Pontonform für Furore, dann übernahm der Industrielle Herbert Quandt einen erheblichen Teil des BMW-Kapitals und stellte so die Weichen für den Start der "Neuen Klasse". Nun hatte BMW seine größte Krise überwunden, und die Isetta konnte abtreten und zum Klassiker reifen. 

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