Ausgerechnet BMW hat noch einen Van im Programm. Deren letzten, so viel ist sicher. Dabei hätte die Gattung der Vans mehr Fans verdient – denn sie kann nach wie vor überzeugen – nicht nur mit optischer Zurückhaltung, einer oft vermissten Tugend in der heutigen Zeit.
BMW 230e xDrive Active Tourer

Plug-in-Technik kostet den BMW 230e Platz und bringt Gewicht
Die Vorteile von Fahrzeugen der Van-Gattung sind hinlänglich bekannt. Der BMW 230e xDrive macht da kaum eine Ausnahme. Kaum? Ja, der Plug-in-Hybrid raubt ihm ein paar Liter Kofferraumvolumen und der Rückbank Variabilität (denn sie ist nicht um 13 Zentimeter verschiebbar). Geschuldet ist das dem Doppelherz, das aus bekanntem 1,5-Liter-Dreizylinder im Bug und Elektromotor im Heck samt Akku dazwischen besteht. Der Akku speichert magere 14,2 kWh nutzbare Energie. Rund 80 Kilometer soll der Plug-in-Hybrid aus Leipzig (dort wird der 2er-BMW produziert) damit stromern – das können wir mit sanftem Gasfuß nachvollziehen. Das Aktivieren des Elektro-Modus ist im BMW 230e jedoch umständlich über eine Taste in der Mittelkonsole und das Touchen im Menü gelöst.
Dank dreiphasigem Onboardlader kann der 230e xDrive die leere Batterie mit 11 kW füllen und ist in unter zwei Stunden wieder fit für weitere 80 Elektro-Kilometer. Einen DC-Schnellladeanschluss gibt es nicht. Doch wer bitte lädt seinen Plug-in-Hybrid zu übertrieben hohen Preisen am DC-Lader?
BMW 230e xDrive ist der leistungsstärkste Van
Aber der BMW 230e xDrive Active Tourer ist erst einmal eh nichts für Sparfüchse. Bei 52.200 Euro beginnt die Preisliste des Alibi-Allradlers. Der Testwagen, inklusive M-Paket (das hat mickrige 17-Zoll-Alus inkludiert), kommt auf fast 65.000 Euro. Daher gönnen sich den 230e xDrive eher Menschen, die Spaß an einer kurzen Maximalleistung haben und eventuell vier angetriebene Räder im Winter bevorzugen – und den 230e als Dienstwagen bewegen dürfen (0,5-Prozent-Versteuerung). Kombiniert ergibt sich eine Leistung aus dem (durchaus zurückhaltend) trommelnden Dreizylinder und der Power des E-Motos im Heck von 326 PS und 477 Newtonmetern. Das ist Spitzenklasse bei den Vans – auch rückblickend. Lediglich VWs ID. Buzz GTX hat 14 PS mehr zu bieten – BEV halt. So gewappnet sprintet der 230e in sagenhaften 5,5 Sekunden aus dem Stand auf Landstraßen-Maximaltempo. Das sind Werte, die sonst eher mit Sportwagen in Verbindung gebracht werden, nicht aber von einem „Pampersbomber“.
Dass der Vortrieb des 230e xDrive bereits bei 205 km/h endet, ist ein Drops, der gelutscht werden will. Der „kleine“ Bruder, der 225e xDrive rennt Tempo 195, kommt auf zusammengesammelte 245 PS und kostet 3.700 Euro (brutto) weniger – eigentlich die bessere Wahl, denn auch er ist schnell im Sprint.
Dem BMW 230e geht die Puste dennoch aus
Das Überholen auf der Landstraße gelingt im Nu. Vor allem, wenn man zuvor das linke Schaltpaddle zog. Boost steht drauf und „ist drin“. Dann stehen die gesammelten Pferde Spalier und 326 PS fühlen sich kurzzeitig exakt so an. Auf der Autobahn merkt man jedoch den Unterschied zwischen 326 Verbrenner-PS und 326 PS in einem Plug-in-Hybrid (E-Auto ähnlich). Dem Leistungskonglomerat geht mit zunehmendem Tempo und schwindendem Akku die Puste aus – bei 205 km/h ist Schluss. Im Spessart oder den Kassler Bergen erreicht man Topspeed kaum mehr. Verbrenner dieser Leistungsklasse legen dort nochmals zu und müssen bei 250 km/h eingebremst werden – freiwillige Selbstbeschränkung nannte man das und führte es 1995 ein. Daher ist das Mitschwimmen bis 160 km/h das bevorzugte Revier des leistungsstärksten Tourers. Wer darüber hinaus schnell sein will, wählt besser den 223d oder 223i, jeweils mit dem Zusatz xDrive, also Allrad, beide etwas günstiger, aber dann eben mit einem Prozent Versteuerung für den Firmenwagenfahrer.
Beim Verbrauch ist alles machbar: 0 Liter, wenn man ständig lädt. Und selbstverständlich auch „Ü-8, wenn man Pedal to the Metal bevorzugt und das Kabel auf nimmer Wiedersehen in der Kofferraummulde versenkt. Bei normaler Fahrweise und leerem Akku sollte man mit 6,5 Litern im Mix rechnen. Die beiden Phev-Modelle haben zudem das Los des kleinen Benzintanks gezogen: 47 Liter sind möglich. Die klassischen Verbrenner – auch die 48-Volt-Motoren – bieten sieben Liter mehr und damit rund 100 Kilometer mehr Reichweite bis zum Tankstopp.
Der mittels M-Sportfahrwerk (adaptiv, aber nicht justierbar, ähnlich wie es Opel beim letzten Corsa OPC NE machte) um 15 Millimeter dem Erdboden entgegengebrachte Van besitzt in Kombination mit den schmalen (205/60) 17-Zoll-Serienrädern des M-Pakets einen vor allem auf der Autobahn durchaus guten Fahrkomfort. Ein Sportwagen ist er trotz Leistung und M-Paket nicht. Die deutlich mehr als 1,9 Tonnen Gewicht des Plug-in-Hybrid-Modells (gut 200 mehr als ein 223i mit mechanischem Allradantrieb) machen einen Strich durch die Sportwagenfahrer-Rechnung und der 230e quietscht sich um die Kurven und irgendwie um die Wette mit dem albernen „BMW IconicSounds Electric“ (200 Euro extra). Dafür arbeitet die Lenkung entspannt um die Mittellage und akkurat beim Kurvenfahren.

Qualitativ sauber gemachter BMW 223e, aber ...
Dass der 2er-BMW dennoch ein echter BMW ist, merkt man im Innenraum. Reinsetzen und wohlfühlen lautet das Stichwort. Das Platzangebot vorn ist über jeden Zweifel erhaben. Die im M-Paket des Testwagens enthaltenen Sportsitze (sonst 380 Euro extra) sind eng und passen vornehmlich schmalen Menschen. Die Ledernachbildung „Veganza“ (300 Euro im Sportpaket, sonst 900) auf Sitzen und am Lenkrad könnte Tierfreunde befriedigen. Allen anderen sei Stoff oder Leder (1.300–1.900 Euro) angeraten. Die Sitzposition kann trotz Van-Arrangement als „integriert“ bewertet werden. Der Ausblick aus dem Auto gelingt in alle Richtungen sehr gut. Die großen und im Fond nicht getönten hinteren Scheiben (gibt es für 360 Euro oder im Travel Paket 1.650 Euro) haben Seltenheitswert und sind die bessere Wahl. Jalousien für die hinteren Seitenscheiben gibt es hingegen nicht. Im Innenraum blickt man nirgends auf nacktes Blech (Türrahmen sind mit schwarzem Gummiüberzug verkleidet).
Echte Tasten in den Türverkleidungen und im Lenkrad lassen sich gut und durchdacht bedienen. Einige Shortcuts sind über die Elemente auf dem Mitteltunnel schnell umsetzbar. Anders im Infotainment-Menü. Hier muss man sich durch eine Vielzahl an Icons wühlen, um irgendwann mal beim gewünschten anzukommen – sofern man sich merkte, was sich hinter der Bezeichnung verbirgt. Einige kann man als Shortcut platzieren, der sich durch das Herunterwischen am Screen schnell aufrufen lässt. Ablenkend ist es in jedem Fall. Uns ist es beispielsweise nicht gelungen, den Frontkollisionswarner mit automatischer Bremsfunktion zu deaktivieren. Das System nervt, da es oft unnötig stark bremst. Ebenso fehlt eine Direkttaste zum Aktivieren des EV-Modes. Positiv zu erwähnen: Der Tempowarner ist dezent, auch wenn er sich mit dem Anheben der Radiolautstärke ebenfalls erhöht, und auch der Spurhalteassistent ist von der Härte des Eingriffs akzeptabel – ein Ausschalten (mittels gut platzierter Taste auf der Mittelkonsole und anschließendem Tippen aufs Display) ist nicht bei jeder Fahrt „nötig“. Da merkt man Feinschliff an den Systemen, den viele andere Hersteller vermissen lassen.