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Reparatur Antriebsbatterie: Ein Fall für Spezialisten

21.07.2025 08:21 Uhr | Lesezeit: 2 min
Reparaturmarkt Timmermanns
Der Austausch einzelner Batteriezellen erfordert spezialisiertes Fachwissen.
© Foto: Axa Novi

Bis der freie Markt sich mit der Reparatur von Antriebsbatterien konfrontiert sieht, wird noch einige Zeit vergehen. Doch selbst dann wird das Thema aufgrund der hohen Komplexität eher ein Fall für Spezialisten. Bart Timmermanns von Axa Novi erklärt die Problemfelder.

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Auf dem letzten Partslife-Kongress, der im Juni in Hamburg stattfand, gab Bart Timmermans, Inhaber der Unternehmensberatung Axa Novi, Einblicke in den Reparaturmarkt für Hochvoltbatterien und ging unter anderem die Frage ein, ob sich daraus in Zukunft ein lukratives Aftermarket-Geschäft entwickeln könnte.

Derzeit konzentriert sich das Thema überwiegend auf markengebundene Werkstätten, was vor allem auf die langen Garantien für die Akkus zurückzuführen ist. Bis 2032 wird ein Bestand von knapp über zwei Millionen vollelektrischer Fahrzeuge in Deutschland mit der Tendenz zu einem immer schnelleren Anstieg des Bestands prognostiziert. "Das Potenzial ist also da, die Frage ist, was in Zukunft an einem Batteriepack erneuert oder repariert werden kann", so Timmermans.

Eine erste Hürde stellt die Vielzahl an Batterie-Lieferanten und damit der Produktvarianten dar, denen sich einzelne Fahrzeughersteller bedienen. So greift BMW derzeit auf drei Batteriehersteller zurück, beim chinesischen Hersteller Geely sind es gar fünf und selbst Elektropionier Tesla setzt neben den eigenen Akkus auch die von drei weiteren Herstellern ein. Eine Werkstatt muss also zunächst identifizieren, von wem das Batteriepaket in einem Fahrzeug stammt und welche Zellen darin verbaut sind.

Hohe Komplexität

Die unterschiedlichen Batterien sind außerdem mit verschiedenen Formaten der Zellen bestückt. Es gibt sie zylindrisch, wie bei Tesla, prismatisch oder als "Pouch" in der Form kleiner Taschen. Damit nicht genug, setzen die Hersteller auch unterschiedliche chemische Zusammensetzungen der Zellen ein. LFP (Lithium-Eisenphosphat), NMC (Nickel-Mangan-Kobalt) oder NCA (Nickel-Cobalt) sind die gängigen Chemiekombinationen, die alle auf Lithium basieren. "Was für die Fahrzeughersteller noch gut zu managen ist, stellt für den Aftermarket eine schwer handelbare Komplexität dar, auch im Hinblick auf die Lagerung von Zellen oder der Verfügbarkeit von Teilen wie Konnektoren, Kabeln und anderen Komponenten, die dann auch noch auf das entsprechende Batteriepaket abgestimmt sein müssen", erklärt Timmermans.

Der Austausch einzelner Batteriezellen erfordert spezialisiertes Fachwissen

Dazu kommt der Aus- und Einbau der Batterie, der - wie sollte es anders sein - von Hersteller zu Hersteller unterschiedlich und mehr oder weniger kompliziert ist. In der Regel stellt der Ausbau kein Problem dar, in Ausnahmefällen lauern jedoch Überraschungen. Bart Timmermans nennt ein Beispiel: "Beim Tesla Model Y bleiben Sitze und Mittelkonsole auf dem Akkupack, die Karosserie muss nach oben abgehoben werden. Selbst bei Tesla dauert der reine Aus- und Einbau sechs Stunden. Und da hat man die Batterie noch nicht geöffnet. Das macht eine Reparatur extrem komplex und teuer."

Timmermanns
Bart Timmermanns
© Foto: Axa Novi

Standardisierung essenziell

Erleichterung soll die neue Batterieverordnung 2023/1542 schaffen, die ab 2027 in Kraft tritt. Dann muss jede Batterie mit einem QR-Code versehen sein, den sogenannten Battery Passport. Darüber sind alle wichtigen Daten zum Batteriepaket enthalten, etwa die verwendeten Materialien, wer hat die Batterie wann und wo hergestellt, wie sind die Leistungsdaten des Pakets und der einzelnen Zellen. "Die Förderung der Standardisierung ist essenziell, um Reparaturen weniger komplex und besser skalierbar zu machen", so Timmermans.

Weiterer Bestandteil der Verordnung sind Recycling, Wiederaufbereitung und alternative Nutzungsmöglichkeiten. Priorität soll jedoch die Reparatur haben. Laut Bart Timmermans sind die Zellen in einer Batterie jedoch nicht die Elemente, die im normalen Gebrauch, also ohne Fremdeinwirkung etwa durch einen Unfall, am häufigsten kaputt gehen. Auch der Leistungsschwund ist im Regelfall kein Thema. "Die Zellen erreichen im Regelfall zwischen 3.000 und 5.000 Lade-/Entladezyklen. Bei einer Reichweite pro Ladung von 400 Kilometern und 3.000 Zyklen ergibt sich so eine Lebensdauer von 1,2 Millionen Kilometern", so Timmermans.

Verschiedene Studien zeigen außerdem, dass der "State of Health" durchschnittlich um zwei Prozent pro Jahr abnimmt. So läge die Kapazität der Batterie nach fünf Jahren immer noch bei 90 Prozent. Vielmehr dürften Teile des Batterie-Management-Systems (BMS) betroffen sein, wie Kabel, Verbinder, Stecker oder auch Steuergeräte, die durch Vibrationen im Fahrzeug oder auch Einwirkung von außen Schaden nehmen können.


Batteriereparatur - Chancen und Risiken

Chancen
■ Wachstumspotenziale für den freien Markt
■ Möglichkeit zur Differenzierung durch Spezialisierung
■ Neues Geschäftsfeld ermöglicht Ausgleich für wegfallende Arbeiten
Kundenbindung und -loyalität wird gestärkt
■ Zukünftig Einstiegserleichterungen durch Regulierung und Standardisierung
Risiken
■ Notwendige Investitionen, Aneignung von Know-how und unklare Teileversorgung stellen hohe Markteintrittsbarrieren
■ Neue Geschäftsmodelle der OEMs (Online-Vertrieb) erschweren Zugang
■ Hohe Komplexität und schneller technologischer Wandel
■ Umfassende Sicherheitsvorschriften bei Lagerung und Handling
Quelle: Axa Novi


So werden sich die Anforderungen an eine Werkstatt und deren Mitarbeiter, die sich dem Thema widmen wollen, entsprechend ändern. "Als Erstes muss ein grundsätzliches Interesse am Thema und die Bereitschaft, sich das nötige Wissen anzueignen, vorhanden sein. Es sind Kenntnisse über die Batterietechnologie, Elektromotoren und Batterie-Management-Systeme notwendig. Insofern sind in Zukunft auch IT-Kenntnisse notwendig, denn am Ende muss man in der Lage sein, mit Daten zu arbeiten und beispielsweise ein BMS zu reprogrammieren oder zu kalibrieren", erklärt Timmermans.

Das Wissen darüber kann man sich über Trainingsinstitute oder die Hersteller von Batteriepaketen aneignen. Es muss aber auch in neue Geräte investiert werden, etwa ein Balancier- oder Airtightnessgerät. Dieses prüft die Luftdichtigkeit, um das Eindringen von Feuchtigkeit in das Batteriepaket zu verhindern. "So ein Gerät kostet schnell mal acht bis zehntausend Euro, man braucht also auch den entsprechenden Kundenstamm dazu. Aber neben den Kenntnissen sind eben auch die Investitionen in das Equipment wichtig, und das wird nicht jede Werkstatt leisten können oder wollen", fährt Timmermans fort.

Die Frage, frühzeitig in Wissen und Equipment zu investieren, oder zu warten, bis der Markt da ist und Gefahr zu laufen, den Anschluss zu verpassen, ist also eine Gratwanderung. Eine Lösung könnte sein, sich Kontakte zu spezialisierten Firmen oder zu den Batterieherstellern aufzubauen und selbst nur die Diagnose durchzuführen, während die Reparatur an die Partner ausgelagert wird. "Es gibt aber derzeit kaum Spezialisten auf diesem Gebiet oder andere tiefer gehende Lösungen. Das wird die Herausforderung für den Aftermarket in Zukunft sein", so Timmermans abschließend.


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